Zweiter Ostersonntag – „Weißer Sonntag“ – 19. April 2020, eine kleine Liturgie – von Diakon Dr. Mark J. Schaefer
Liebe Gemeindemitglieder und Besucherinnen und Besucher unserer Homepage,
ich begrüße Sie zu unserer Kurzandacht am heutigen Weißen Sonntag, der auch den Namen Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit trägt.
Heute hätte eigentlich unsere Erstkommunionfeier stattfinden sollen, eine schöne gemeinsame Feier unserer seit Beginn dieses Jahres (wieder-) vereinigten Gemeinden St. Wolfgang und Hl. Bruder Konrad. Die Kinder haben sich wochenlang vorbereitet, mit einem Strahlen auf dem Gesicht ihre Engelsstempelchen in den Sakristeien abgeholt. Viele Ehrenamtliche haben bei der Vorbereitung engagiert mitgeholfen. Unser Pfarrer hat ebenfalls viel Liebe und Mühe investiert. Wir wissen alle, warum es anders kam – aber unsere tiefe Freude über das Osterereignis soll uns deshalb nicht verloren gehen. Und natürlich wird die ausgefallene Feier zu gegebener Zeit nachgeholt werden!
Lasst uns unserem Herrn und Gott dankbar sein, der uns nie alleine lässt, gerade in Zeiten von Krankheit und Not.
Lied
„Christ ist erstanden“ (Gotteslob 318)
Gebet
Barmherziger Gott, durch die jährliche Osterfeier erneuerst du den Glauben deines Volkes. Lass uns immer tiefer erkennen, wie heilig das Bad der Taufe ist, das uns gereinigt hat, wie mächtig dein Geist, aus dem wir wiedergeboren sind, und wie kostbar dein Blut, durch das wir erkauft sind. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.
Halleluja (Gotteslob 175,2)
Evangelium (Johannes 20,19-31)
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.
Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.
Gedanken zum Evangelium
Im heutigen Evangelium spricht der Apostel Thomas sein berühmt gewordenes Bekenntnis zu Jesus, das Martin Buber als erstes christliches Gebet bezeichnet hat:
Mein Herr und mein Gott!
Thomas wird von Jesus für seine Haltung ein wenig getadelt: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“. Vielleicht hat das dem Apostel ein wenig zu denken gegeben, aber vor allem wird er unvorstellbar froh gewesen sein, dass nun auch er dem Auferstandenen begegnen durfte! Welch eine Freude, welch eine Erfüllung längst verloren geglaubter Hoffnung tut sich hier für Thomas kund.
Wie geht es uns damit? Können wir uns, angesichts der gegenwärtigen Corona-Pandemie, dem Bekenntnis des Thomas anschließen? Können auch wir zu Jesus sagen: Mein Herr und mein Gott? Oder ist es vielleicht eher so, dass die Pandemie uns einmal mehr zeigt, wie willkürlich und unbarmherzig diese Welt ist, gnadenlos und einzig den Gesetzen von Naturwissenschaft und Zufall folgend? Eine Welt, die den Glauben an Gott zum Spott werden lässt? Ja, wie geht es uns angesichts der hässlichen Wirklichkeit von Krankheit und Tod?
Es ist schon wahr: Das Vertrauen, dass Gott sich von uns Menschen erhofft, kann uns mitunter sehr viel Kraft abverlangen. Die Bibel ist gefüllt mit Geschichten, die diese Seite Gottes bezeugen:
- Abraham erfuhr dies etwa bei der von Gott geforderten Aufopferung seines Sohnes Isaak. Ausgerechnet Isaak, ohne den die ersehnten und zugesprochenen Verheißungen wieder nichtig geworden wären, sollte sterben (vgl. Gen 22,1-19)!
- Der Prophet Jeremia klagt dem Herrn sein Leid nur allzu deutlich, nachdem dieser Juda und Jerusalem sein Strafgericht verkündet. Er ruft zu ihm: Warum dauert mein Leiden ewig und ist meine Wunde so bösartig, dass sie nicht heilen will? Wie ein versiegender Bach bist du mir geworden, ein unzuverlässiges Wasser (Jer 15,18).
- Und liturgisch noch relativ aktuell: Die Jünger Jesu werden durch Jesu Passion und Kreuzestod aufs Äußerste in ihrem Glauben gefordert, die Evangelien bezeugen es uns.
Vielleicht kommen Ihnen auch Erfahrungen aus dem eigenen Leben in den Sinn. Erfahrungen, die Zweifel aufkommen lassen, Zweifel an einem gütigen, uns liebenden allmächtigen Gott und seiner erlösenden Osterbotschaft.
Doch die Erfahrung vieler gläubiger Menschen ist zugleich auch die: Fragen und Zweifel dürfen sein, wir brauchen sie nicht zu fürchten. Denn nicht der Zweifel und auch nicht das Fragen töten den Glauben. Nicht gegen den Zweifel, sondern mitten in ihm ringt der Glaube dem Tod das Leben ab – wenn wir uns Gottes Geist öffnen, wenn wir den Versuchungen unserer Ängste widerstehen. Wenn wir nicht zulassen, dass vordergründige Argumente und vermeintliche Wahrheiten unser Denken bestimmen und unsere Sehnsüchte ersticken. Denn Gott lässt uns nicht allein. Niemals. Manchmal können wir das erst im Rückblick erkennen, zumindest erahnen. „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ sagt Jesus im heutigen Evangelium. Vertrauen wir seinem Wort! Glauben wir an seine Auferweckung! Denn durch sie schenkt Gott uns sein Heil, ein für alle Mal. Halleluja!
Fürbitten
Zu Christus, dem Retter der todgeweihten Welt, wollen wir beten:
Breite deine Kirche aus über die ganze Erde.
– Erhöre uns, Christus.
Lass die Mächtigen davor zurückschrecken, Drohung und Gewalt zu gebrauchen.
– Erhöre uns, Christus.
Öffne den Sterbenden das Tor zum ewigen Leben.
– Erhöre uns, Christus.
Bewahre uns in der Gnade, die wir in der Taufe empfingen.
– Erhöre uns, Christus.
Gütiger Gott, durch den Dienst der Kirche setzt du das Werk der Erlösung fort. Hilf, dass wir die Heilstaten auch mit unserem Leben bezeugen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.
Vaterunser
Litanei in Zeiten von Corona
Gott,
sei uns nahe in diesen schweren Wochen.
Sei nahe denen, die dich besonders brauchen.
In die unermüdlich schaffenden Hände – lege deine Kraft.
In unruhige, aufgewühlte Herzen – deine Ruhe.
In unsere Ängstlichkeit – deine Hoffnung.
In Einsamkeiten – deine bergende Nähe.
In unser Tasten und Suchen – deine Kreativität.
Ins Brückenbauen zueinander – deine Regenbogen-Statik.
In unsere Unruhe – deine Stille.
In kranke Lungen – deine Heilung.
In verzweifelte Herzen – deinen Trost.
In gefährdete Immunsysteme – deinen Schutz.
In unseren kleingläubigen Geist – lege deine Zusage:
Ich bin da. Amen. Annette Gawaz
Segen
Der allmächtige Gott hat uns durch die Auferstehung seines Sohnes aus Sünde und Tod befreit; er segne Euch und schenke Euch seine Freude.
Und Christus, mit dem wir auferstanden sind durch den Glauben, bewahre in Euch die Gabe der Erlösung.
Gott hat uns in der Taufe angenommen als Kinder seiner Gnade; er schenke Euch das verheißene Erbe.
Das gewähre Euch der treue und barmherzige Gott, der Vater und der Sohn † und der Heilige Geist. Amen.
Lied
„Ihr Christen singet hoch erfreut“ (Gotteslob 322,1+7-11)