Krankensalbung
Krankensalbung, nicht „Letzte Ölung“
„Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten [Mitglieder des kollegialen Leitungsgremiums] der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben. Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheiligt werdet. Viel vermag das inständige Gebet eines Gerechten“ (Jak 5 14ff).
Der mit dem Sakrament der Krankensalbung verbundene Charakter der Sündenvergebung erinnert an die Begegnung Jesu mit der Sünderin, die im Haus eines Pharisäers von hinten an Jesus herantritt, weint, ihre Tränen auf Jesu Füße fallen lässt und mit ihrem Haar trocknet, seine Füße küsst und diese „verschwenderisch“ mit wohlriechendem Öl salbt. Entgegen dem Entsetzen der Menge bemerkt Jesus dann: „Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie (mir) so viel Liebe gezeigt hat. Wem aber nur wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe. Dann sagte er zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben“ (Lk 7,36ff.47f.). Heilung und Heil reduzieren sich folglich nicht nur auf körperliche Heilung, sondern speziell auch auf das (innere) Heil-Werden durch Sündenvergebung.
Mit den Worten „Ist einer von euch krank?“ beschreibt Jakobus, der „Bruder des Herrn“ (Mk 6,3), der nach der Auferstehung Jesu zum Kern der Urgemeinde in Jerusalem gehörte und nach Petrus Leiter dieser Gemeinde wurde, den Dienst der Jünger an den Kranken.
Im Hochmittelalter kam für das Sakrament der Krankensalbung die Bezeichnung „Letzte Ölung“ auf. Aus der Anweisung, die Krankensalbung wenigstens den Sterbenden zu spenden, hatte sich die Praxis entwickelt, sie nur den Sterbenden zu erteilen – mit der leidigen Konsequenz, dass beim Krankenbesuch durch den Pfarrer zuhause, im Seniorenzentrum oder in der Klinik der Kranke noch heute – von Furcht und Angst geplagt – zitternd fragt: Muss ich jetzt sterben?
Das Sakrament der Krankensalbung ist primär ein Hoffnungszeichen und Zuspruch Gottes für den Kranken, dass Er ihn in seiner Krankheit und in seinem Leiden nicht allein lässt. Christus selbst, der Heiland, will dem Bedürftigen Heilung und Heil schenken und so Seine Gegenwart spür- und erfahrbar werden lassen. Heilung bedeutet dabei nicht immer, von allen körperlichen und seelischen Leiden umgehend befreit zu werden. Heilung kann auch heißen, das, was mir auferlegt ist, im Blick auf das Leiden Jesu Christi anzunehmen, es mit der Kraft Seines Heiligen Geistes zutragen und zu erfahren, dass „geteiltes Leid halbes Leid“ ist.
Dass es Sinn macht, das Sakrament der Krankensalbung auch einem Sterbenden zu spenden, versteht sich von selbst. Auch derjenige, der diese vergängliche Zeit und Welt verlässt, bedarf allem voran der Gegenwart Gottes und Seiner Göttlichen Kraft (Heiliger Geist), alles Irdische nun loszulassen und sich getrost in die bergenden Hände Gottes zu begeben, um von Ihm in die Ewigkeit getragen zu werden.
Das Sakrament der Krankensalbung kann folglich – ähnlich wie die Sakramente der Eucharistie (Abendmahl) und der Versöhnung (Beichte) – mehrmals empfangen werden. Mit der Anrufung des Heiligen Geistes und der Handauflegung wird der Kranke sowohl auf das Haupt (Kopf – vgl. Ps 23,5b) als auch in die Hände hinein gesalbt als ein Ausdruck dafür, dass Gott mit seinem Heilsangebot den ganzen Menschen meint: Leib und Seele, Psyche und Geist.
Wie zu jedem Sakrament gehört auch hier das gesprochene Wort (Zuspruch) mitsamt dem Zeichen (Öl). Einst rieben sich in der römischen oder griechischen Arena Ringkämpfer vor dem Kampf mit Öl ein, um sich den Griffen des Gegners, des „Bösen“, geschmeidig zu entwinden; heute tun sie es auf den Sportplätzen und in den Fitnesshallen, bei Meisterschaften oder Olympia. Öl, Salbe und Gel helfen aber auch, Wunden zu desinfizieren und schneller heilen zu lassen. Nicht zuletzt aber wurden und werden sowohl vor der Zeitenwende (im Alten Bund), als auch bis heute (im Neuen und Ewigen Bund Jesu Christi) Priester, Könige und Propheten gesalbt zum Ausdruck ihrer besonderen Verantwortung den ihnen anvertrauten Menschen gegenüber und somit als Ausdruck des einmaligen Wertes und der unendlichen Würde eines jeden Menschen in Gesundheit und Krankheit, in Freud und Leid und über den Tod hinaus auf ewig!
Immer wieder feiern wir in unseren Seniorenzentren Krankensalbungsgottesdienste, an denen jeder, der dieses Sakrament auch für sich selbst wünscht, teilnehmen kann (Ankündigung im Mitteilungsorgan/Gemeindebrief „Wolfgangsbote“ oder auf der Homepage „Gottesdienste“ unter www.seelsorgeeinheit-echaztal.de). Und jeder, der dieses Sakrament für einen Kranken zuhause wünscht, wird umgehend dankbaren Herzens seel- und menschensorgerlich betreut, wenn er sich denn nur meldet (Fon 07121.71208)!
Hermann Friedl
Dekan
Bild: Birgit Seuffert
In: Pfarrbriefservice.de